Kanban, agiles Projektmanagement für Unternehmen und Teams
Ich arbeite mit mehreren Methoden zum Projektmanagement. Eine davon ist Kanban. Und immer mehr Unternehmen setzen in ihrem Arbeitsalltag auf die Kanban-Methode. Mit ihr lassen sich verschiedenen Arbeitsprozesse besser ordnen und die Zusammenarbeit in einem Team effektiver gestalten. Doch was ist Kanban, wie funktioniert das und welche Vorteile sind tatsächlich mit dem Einsatz dieser Methode verbunden? Ein genauer Blick auf die Funktionsweise lohnt sich.
Ein Fachartikel von Markus Mattscheck
Übersicht der Inhalte
- Kanban zum agilen Management vieler Projekte
- Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit
- Keine Aufschieberitis mehr
- Kanban als persönliche To-Do-Liste
Kanban-Board an der Wand oder digital?
Unterschiede von Kanban und Scrum
Vorteile und Nachteile von Kanban
Was ist Kanban?
Kanban bezeichnet ein System zur Steuerung und Optimierung von Prozessen. Die meisten Quellen gehen davon aus, dass die Methode in Japan von Toyota entwickelt wurde. In diesem Zusammenhang bezeichnet „Kanban” (japanisch Schild oder Karte) eine Karte zur Identifizierung von Teilen, die bei Einzelteilen, Baugruppen und fertigen Endprodukten genutzt wird. Mittels dieser Karten konnten Lagerbestände produktionsrelevant kontrolliert und gesteuert werden. Denn nur wenn die Teile in nachgelagerten Produktionsstufen benötigt wurden, mussten sie auch im Lager vorgehalten werden. Dies wird als Hol-Prinzip oder Holsystem bezeichnet.
Heute wird Kanban auch genutzt, um Unternehmensprozesse bedarfsgerecht zu steuern. Viele Unternehmen nutzen Kanban in der agilen Software- und Webentwicklung. In diesem Zusammenhang muss auch zwischen Kanban und Scrum unterschieden werden. Beides sind agile Prozessmethoden, die aber in der Arbeitsweise einen unterschiedlichen Focus setzen.
Beispiele aus der Praxis
Nachfolgende erst einmal einige Beispiele, die zeigen, wie Unternehmen Kanban für sich nutzen. So erhalten Sie einen schnellen Einblick, ob Kanban für Sie relevant sein könnte.
Kanban zum agilen Management vieler Projekte
Die junge Conblu GmbH aus Bremen hat Kanban als eine Möglichkeit entdeckt, um den Bürowahnsinn neu zu organisieren. Die Geschäftsführer Ali Altun und Sebastian Hirt schätzen dabei vor allem den Überblick, den die Methode über die aktuell ablaufenden Arbeitsschritte bietet. Durch die gezielte Visualisierung aller Schritte ist es für alle Mitarbeiter mit einem einzigen Blick auf das Board möglich, alle wichtigen Informationen zu erfassen. Im Blogartikel „Bürowahnsinn#2 – Kanban. Kanban? Ja, Kanban!“ plaudert die Firma aus dem Nähkästchen.
Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit
Ein Online-Shop und fünf Agenturen (Design-Agentur, Shopware-Agentur, Usability-Agentur, WaWi-Agentur und Onlinemarketing-Praxis mit der SEO- und Onlinemarketing-Brille und häufig auch Bindeglied zwischen Unternehmensleitung und Agenturen). Bei so vielen Beteiligten ist das Gefahrenpotenzial hoch, den terminierten Relaunch zu versemmeln bzw. suboptimal umzusetzen. Hier hat Kanban mit Trello beim Projektmanagement geholfen, die vielen To-Dos und Entscheidungen für alle sichtbar zu machen, zu strukturieren und priorisiert abzuarbeiten.
Auch die Abstimmung zwischen dem Shop-Betreiber und Onlinemarketing-Praxis erfolgt auf einem separaten Kanban-Board in Trello. Ein großer Vorteil ist dabei nicht unbedingt der optimierte Prozess zur Entscheidungsfindung und Umsetzung, vielmehr erleichtert es in diesem Fall die Transparenz und die einfache Archivierung von Informationen, Diskussionen und Entscheidungen, die bei der Umsetzung einer Maßnahme erfolgt sind. Telefonate können das nicht leisten und 10 „Hin-und-her-E-Mails“ zu einem Thema sind nicht gerade übersichtlich, wenn man sehr viele Einzelmaßnahen mit dem Kunden umsetzt.
Keine Aufschieberitis mehr
Kennen Sie das, die Zettel und Aufgaben stapeln sich, alles muss bis gestern fertig sein und die wichtigsten Aufgaben machen nicht immer am meisten Freude bei der Arbeit. Ein Artikel im Blog der Hood Group zeigt, wie Kanban dabei helfen kann, Vereinbarungen mit Hilfe von Transparenz und Informationsmanagement umzusetzen.
Kanban als persönliche To-Do-Liste
Klebezettel auf dem Schreibtisch und To-Do-Listen im Tagesplaner haben durchaus Vorteile. Und im digitalen Zeitalter können wir uns die Frage stellen, „Geht das auch besser?“. Probieren Sie doch einmal die Kanban-Methode für ihre persönliche To-Do-Liste aus. Ideen dazu finden Sie im Büro-Kaizen-Blog oder im Selbstversuch von Selbstversuch von Ulrike Regenscheidt.
Funktionsweise von Kanban
Die Grundlage von Kanban sind drei verschiedene Felder einer großen Tabelle. Die Darstellung kann auf ein großes Board übertragen werden, das an einer sichtbaren und für jeden zugänglichen Stelle platziert wird. Die einzelnen Aufgaben werden auf Karten notiert, die an dem Board angebracht und verschoben werden können. Die drei zentralen Felder, die auf jedem Kanban-Board enthalten sein sollten, bezeichnen den Status einzelner Aufgaben:
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Aufgabe / To-Do
Alle Aufgaben, die für ein Projekt noch zu erledigen sind, werden an dieser Stelle aufgelistet. So ergibt sich schnell ein Überblick darüber, was noch zu erledigen und bislang nicht angefangen ist. Die Reihenfolge der Tickets stellt die Priorisierung der Tickets erfolgt über die Reihenfolge von oben nach unten.
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In Arbeit / In Progress
Fängt ein Mitarbeiter an, eine Aufgabe zu erledigen, nimmt er sich das Ticket aus der To-Do-Spalte und verschiebt es in die Spalte „In Progress“. So ist anderen Mitarbeitern, die etwa auf die Vorarbeit angewiesen sind, klar, dass bereits an die Aufgabe gedacht wurde. Damit ist die Abstimmung der einzelnen Schritte leichter möglich.
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Erledigt / Done
Ist eine Aufgabe erledigt, wird das Ticket in die „Done-Spalte verschoben.
Je nach Bedarf können weitere Spalten hinzukommen. In der Software- oder Webentwicklung sind Spalten für „Test ready“ oder „Review“ relevant. Hier wird der Status gesetzt, wenn ein Ticket abgearbeitet ist und für einen finalen Test oder der Qualitätskontrolle bereitsteht. Auch vorgelagerte Spalten wie “Backlog“ oder „Stories“ werden oft genutzt. Hier sammeln sich alle möglichen Maßnahmen, bei denen noch nicht entschieden wurde, ob und wann diese umgesetzt werden. Bei dem Aufbau des Boards muss jeder den für sich besten Aufbau finden. Es ist auch normal, diesen Aufbau im Laufe der Zeit zu verändern und für sich zu optimieren.
So lässt sich etwa die Information einfügen, wer gerade mit der betreffenden Aufgabe betraut ist. Darüber hinaus können die Mitarbeiter eigene Einschätzungen zum Ausdruck bringen, wie lange sie wohl noch für die Erledigung benötigen werden. Wichtig ist, dass durch die weiteren Details die gesamte Übersicht auf dem Board nicht verloren geht. Denn nur unter diesem Umstand ist es möglich, die Methode weiterhin mit all ihren Vorzügen zu nutzen.
Team einbeziehen
Die Weiterentwicklung des Boards macht es möglich, auch die Eindrücke des Teams mit in die Anpassung einzubeziehen. Mit wachsender Erfahrung mit der Anwendung sind die Mitarbeiter dazu in der Lage, eigene wichtige Impulse für die individuelle Anpassung des Kanban-Prinzips zu geben. Letztlich ist dies ein Weg, um nicht nur den Effekt von Kanban wachsen zu lassen. Darüber hinaus wächst erfahrungsgemäß die Akzeptanz der Technik, sofern die Entwicklung auch von den Mitarbeitern getragen wird. Verantwortliche sind aus diesem Grund gut damit beraten, eine gemeinsame Lösung mit dem Team zu erarbeiten.
Zudem empfiehlt es sich, nur eine bestimmte Zahl an Karten oder Notizen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass nicht gleichzeitig an zu vielen verschiedenen Aufgaben gearbeitet werden kann. Gerade im Online Marketing scheint dies im Arbeitsalltag zunächst attraktiv zu sein. Doch die Aufteilung der eigenen Aufmerksamkeit, die dadurch erzwungen wird, lenkt womöglich die Arbeitszeit von den wirklich wichtigen Projekten ab.
Kanban-Board an der Wand oder digital?
Inzwischen gibt es verschiedene Softwareangebote, welche sich das Kanban-Prinzip selbst zu eigen gemacht haben. Dort ist es in digitaler Form möglich, die verschiedenen Karten zu verschieben. Alle Mitarbeiter im Team erhalten einen entsprechenden Zugang, um das Board auch am eigenen PC aufrufen zu können. Hier bietet sich der Vorteil, dass Tickets nicht verloren gehen können, was Verzögerungen im Prozess vermeidet. Auf der anderen Seite bietet das digitale Board nicht die Möglichkeit, den Platz vor dem Board zum Zentrum für zufällige Treffen zu machen. Stattdessen werden die Änderungen am PC sehr anonym eingetragen.
Aktuell spielen die Programme Jira und Trello in der digitalen Welt die wichtigste Rolle. In beiden Fällen wurde viel Wert auf eine übersichtliche Darstellung gelegt. Die Steuerung macht dabei einen nahezu intuitiven Eindruck. Auf diese Weise soll es auch neuen Anwendern leicht gemacht werden, sich der Technik zu bedienen. Durch die Möglichkeit der Vernetzung ist es hierbei möglich, auch mit mehreren Teams an unterschiedlichen Standorten gemeinsam zu arbeiten. Diese Arbeitssituation, wie sie in der heutigen Zeit keine Seltenheit mehr darstellt, würde das klassische Board natürlich an seine Grenzen bringen. Die Programme halten die Möglichkeit bereit, an verschiedenen Standorten zu agieren und dabei auch auf mobile Geräte zuzugreifen.
Übersicht an Kanban-Tools mit Freemium
- Trello Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
- Kanban Tool Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
- Kanbanik Freeware zur Installation auf Servern oder lokalen Rechnern
- MeisterTask Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
- My Personal Kanban Freeware zur Installation auf dem lokalen Rechner oder in Cloud-Ablagen
- Kanban Zone Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
- KanbanFlow Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
- SwiftKanban Online-Tool mit Gratisversion / Freemium
Unterschiede von Kanban und Scrum
Scrum ist eine Methode zur agilen Software- und Webentwicklung. Welche Methode eingesetzt werden sollte, hängt von den Rahmenbedingungen ab.
- Je größer das Projekt, desto relevanter wird die Umsetzung mit Scrum. Bei zu vielen Karten auf dem Board geht bei Kanban die Übersichtlichkeit verloren.
- Kanban wird durch den Arbeitsablauf festgelegt. Und ist damit sehr flexibel. Scrum wird in Sprints umgesetzt, also feste Zeiträume.
- Kanban ist bei kleineren Teams sehr praktikabel. Scrum ist auch für große Teams geeignet.
- Ein Kanban-Board kann von verschiedenen Teams genutzt werden. Ein Scrum-Board wird immer nur von einem Team genutzt.
Vorteile und Nachteile von Kanban
Unser Gehirn ist gut darin, visualisierte Informationen zu verarbeiten. Werden bei diesem Prinzip kleine Haftnotizen eingesetzt, die im besten Fall noch in unterschiedliche Farben gegliedert werden, so können wir das komplexe Bild binnen kurzer Zeit vollständig erfassen. Die zeitintensive Alternative dazu wäre regelmäßige Sitzungen, in denen sich alle Mitarbeiter über den aktuellen Stand von Projekten austauschen.
Vorteile
- Kanban kann für viele Prozesse / Aufgaben genutzt werden.
- Durch die Anzahl an Karten zu einem Thema wird schnell deutlich, wo Probleme auftauchen.
- Teammitglieder können einzelne Aufgaben nacheinander strukturiert abarbeiten. So wird ein arbeiten an zu vielen Aufgaben vermieden.
- Kanban lässt sich mit anderen Methoden kombinieren. So bieten z. B. auch klassische Scrum-Tools wie Jira Kanban-Boards an.
- Die Karten enthalten nur eine kurze Beschreibung.
Nachteile
- Kanban ist nur für kleine Projekte zu empfehlen. Für große Projekte sind andere Methoden wie Scrum sinnvoller.
- Es besteht die Gefahr, dass Projekte unübersichtlich werden, wenn das Team zu groß wird.
- Zur Dokumentation und zum Archivieren ist Kanban ehr ungeeignet.
Fazit
Die Kanban-Methode ist ein sehr flexibles System zur Umsetzung von Aufgaben. Jeder kann diese Methode für sich oder in Teams nutzen. Es gibt viele Tools, die sogar kostenlos zur Verfügung stehen. Also, auf geht's, wer Kanban noch nicht für sich entdeckt hat, sollte es einmal ausprobieren.