Informationsarchitektur & SEO: Fehlerquellen beim Online-Shop vermeiden
Die Informationsarchitektur ist das Grundgerüst jeder Website. Sie beschreibt den Aufbau und Zusammenhang unterschiedlicher Seiten bzw. Seitentypen. Ziel einer klar strukturierten Informationsarchitektur ist, die Erreichbarkeit aller wichtigen Inhalte für Mensch und Maschine zu gewährleisten: Während Nutzer auf einer logisch strukturierten Website leicht und ohne längeres Suchen die gewünschten Inhalte finden, erleichtert sie es den Crawlern, die Inhalte und deren semantische Beziehungen zueinander zu erfassen. Aus diesem Grund sollten bereits während der Planung der Informationsarchitektur die Usability und die Integration der Inhalte in Einklang gebracht werden.
Ein Fachartikel von Lydia Lässig und Matthäus Michalik
Inhaltsverzeichnis
Um alle relevanten Inhalte bestmöglich auf einer Website abbilden zu können, sollte die Informationsstruktur eine gewisse Stabilität besitzen, zugleich aber auch flexibel hinsichtlich späterer Erweiterungen und Veränderungen von neuen oder bestehenden Seiten bleiben.
Was ist nun bei der Planung der Informationsarchitektur zu beachten? Welche Seitentypen spielen beim Aufbau eine Rolle?
Bei einem klassischen Online-Shop unterscheidet man folgende Seitentypen:
- Startseite
- Hauptkategorien
- Unterkategorien
- Produkte
- Marken
- Marken-Kategorie-Kombinationen
- Informationale Inhalte / Informationsseiten
Am Beispiel von Planet Sports sieht das wie folgt aus:
Bei der Konzeption der Informationsarchitektur werden jedoch häufig Fehler eingebaut, die im Nachhinein nur schwer und mit großem Aufwand korrigiert werden können. Einer der häufigsten Fehler vieler großer Unternehmen besteht darin, mehrere Seiten auf das gleiche Keyword-Set zu optimieren, wodurch sich diese Seiten kannibalisieren. Die Suchmaschine weiß in solchen Fällen nicht, welche der Seiten tatsächlich ranken soll.
Am besten erkennt man solche Probleme anhand der Ranking-Entwicklung bestimmter Keywords: Wechseln sich mehrere URLs zu einem relevanten Keyword regelmäßig im Ranking ab, so ist das ein klares Zeichen dafür, dass die Suchmaschine nicht entscheiden kann, welche der Seiten relevanter ist. Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass keine der Seiten mehr Rankings erzielt.
4 Fehlerquellen Informationsarchitektur in Online-Shops
In jedem Shop gibt es andere Ursachen für solche doppelten Inhalte bzw. Probleme durch Kannibalisierung. In vielen Fällen liegt es aber an einem der folgenden Dinge:
- Unterkategorien werden doppelt angelegt
- Produktseiten werden den Kategorien untergeordnet
- Anlegen von Marken-Kategorie- und Kategorie-Marken-Kombinationen
- Neue Seiten können nicht in die normale Informationsarchitektur integriert werden
Diese vier Fehlerquellen werden im Folgenden beschrieben.
1. Doppelte Unterkategorien
Oftmals gibt es viele Unterkategorien, die sich mehreren Hauptkategorien zuordnen lassen. Nehmen wir zum Beispiel „Fotodrucker“ in einem Elektronik-Shop: Wo soll diese Kategorie angeordnet werden – unter „Computer“ oder unter „Foto“? Die Online-Shops lösen das jeweils unterschiedlich:
Saturn.de und mediamarkt.de verlinken diese Kategorie jeweils nur einmal:
- saturn.de über „Computer & Büro“: http://www.saturn.de/de/category/_fotodrucker-437038.html
- mediamarkt.de unter „Foto & Camcorder“: http://www.mediamarkt.de/de/category/_fotodrucker-464123.html
Conrad.de und cyberport.de haben diese Kategorie jedoch an mehreren Stellen angeordnet:
- Conrad.de bildet die Kategorie sowohl über „Multimedia“ als auch über „Computer & Büro“ ab, verlinkt jedoch in beiden Fällen dieselbe URL: https://www.conrad.de/de/kompakte-fotodrucker-thermo-o0405026.html.
- Cyberport.de bildet die Kategorie sowohl über „PC & Zubehör“ als auch über „Smartphone & Foto“ ab, jedoch werden jeweils verschiedene URLs verlinkt: https://www.cyberport.de/pc-und-zubehoer/drucker-scanner/foto--thermodrucker/liste.html und https://www.cyberport.de/smartphone-und-foto/zubehoer-digitalkameras/foto--thermodrucker/liste.html
Nun gibt es bei cyberport.de also zwei gleiche Unterkategorien. Kurzfristig lässt sich das Ganze über das Indexierungsmanagement steuern: Die Meta-Robots-Angaben der URL unter „Smartphone & Foto“ sind auf noindex gesetzt worden. Gibt es auf der Domain aber mehrere solcher doppelten Kategorien, bedeutet das, dass viele Seiten unnötig gecrawlt werden.
Langfristig müsste die Architektur der Seite so geändert werden, dass nur noch eine der beiden URLs existiert, aber beide von der entsprechenden Kategorie verlinkt werden, also so wie bei conrad.de.
Um solch eine nachträgliche Anpassung zu vermeiden, sollte bereits beim Aufbau einer Seite beachtet werden, dass
- es möglichst wenig Kategorien gibt, die mehrfach zugeordnet werden können
- keine Kategorien doppelt angelegt werden können
- Unterkategorien auch aus anderen Hauptkategorien verlinkt werden können
Zu einer solchen Doppelung kann es auch kommen, wenn es zusätzliche Verzeichnisse gibt, in denen alle Kategorien noch einmal angelegt sind, z. B. /sale, /neu, /angebote, /topseller, usw. In diesen Fällen existieren sogar alle Kategorien doppelt. Deshalb sollte von vornherein überlegt werden, ob diese Inhalte tatsächlich auf eigenständigen URLs abgebildet werden sollen: Solange sie nicht auf eigene Keyword-Sets optimiert sind, die Kombinationen mit „günstig“, „sale“, „angebote“, „neu“ usw. aufweisen, sollte möglichst auf diese Verzeichnisse verzichtet werden. Stattdessen könnten die URLs als Parameter-URLs angelegt werden, um das Crawling so effizient wie möglich zu gestalten.
Beispiel: Planet Sports hat ein Verzeichnis /outlet/, in dem alle Katgeorien noch einmal abgebildet werden:
- Jacken im normalen Kategoriestrang: https://www.planet-sports.de/streetwear/jacken/winterjacken/
- Jacken im /outlet/-Verzeichnis: https://www.planet-sports.de/outlet/streetwear/jacken/winterjacken/
In diesem Fall wird eine Indexierung der doppelten Kategorien verhindert, indem alle Seiten im /outlet/-Verzeichnis auf noindex gesetzt wurden.
2. Doppelte Produktseiten
Ähnlich sieht es mit Produkten aus, die unterhalb der Kategorien angelegt werden. Lässt sich ein Produkt mehreren Kategorien zuordnen, gibt es das Produkt dann zweimal oder sogar öfter.
Beispiel: notebooksbilliger.de ist so aufgebaut, dass Produkt-URLs unter den Kategorie-URLs liegen. Nun gibt es die Produkte sowohl unter den Hauptkategorien, z. B. „Notebooks“, als auch unter den Unterkategorien, z. B. „Business Notebooks“. Wo wird nun also ein bestimmtes Business-Notebook angeordnet? Da es sowohl für die übergeordnete Kategorie als auch für die Unterkategorie relevant ist, legt der Elektronik-Shop es zweimal an:
- Unter „Notebooks“: /notebooks/hp-probook+470+g3+t6q49et
- Unter „Business Notebooks“: /notebooks/business+notebooks/hp-probook+470+g3+t6q49et
Zwar kann es durchaus positiv sein, Produkt-URLs unter den Kategorieseiten anzulegen, insbesondere um dem Silo-Gedanken zu folgen. Jedoch sollte das nur geschehen, wenn es eine klare Lösung für die soeben erläuterte Problematik gibt, d. h.:
- Es gibt keine Produkte, die mehreren Kategorien zugeordnet werden können. Achtung: Es muss sichergestellt sein, dass das auch künftig nicht der Fall sein wird.
- Jedes Produkt kann nur einer Kategorie zugeordnet werden.
- Ist ein Produkt für mehrere Kategorien relevant, so kann es aus diesen Kategorien heraus zwar verlinkt werden, es wird jedoch keine neue URL erzeugt.
Diese Herangehensweise ist vielen Online-Shops aber zu komplex, weshalb die Produkte nur selten unterhalb der Kategorien angeordnet werden. In dem Fall kann sowohl dem Nutzer als auch der Suchmaschine die untergeordnete Rolle der Produkte mithilfe der internen Verlinkung bedeutet werden. Das kann über eine Breadcrumb gelöst werden, in der die Produkte weiterhin auf die übergeordneten Kategorien verweisen, auch wenn sie in der Informationsarchitektur nicht unter den Kategorien liegen. Auch hier muss sich jedoch für einen Kategoriepfad entschieden werden.
3. Doppelte Markenseiten
Viele Online-Händler bieten Produkte mehrerer Marken an und haben auf ihren Websites auch URLs für die verschiedenen Marken und Marken-Kategorie- bzw. Kategorie-Marken-Kombinationen angelegt. So hat Zalando beispielsweise eine Seite für „Adidas Damenschuhe“: https://www.zalando.de/damenschuhe/adidas/.
Doch von wo sollte diese Seite nun erreichbar sein: von der Markenseite „Adidas“ oder von der Kategorieseite „Damenschuhe“? Bei Zalando ist beides der Fall. Klickt man auf der Markenseite „Adidas“ auf „Schuhe“, gelangt man auf die o.g. Seite. Gleichfalls gelangt man auf diese URL, wenn man auf der Kategorieseite „Damenschuhe“ die Marke „Adidas“ auswählt. Diese Umsetzung ist optimal: So gibt es nur eine Marken-Kategorie-Seite für Adidas-Damenschuhe.
Oftmals leiten Online-Shops die URLs jedoch von der Navigationsführung ab, und so entstehen zwei verschiedene URLs für das gleiche Thema. Im Beispiel der Adidas-Schuhe gäbe es dann also eine URL für Schuhe + Adidas und eine für Adidas + Schuhe. Das ist es z. B. bei Planet Sports der Fall:
- Kategorie „Schuhe“ unter der Marke „Adidas“: https://www.planet-sports.de/marken/adidas/schuhe/
- Marke „Adidas“ unter der Kategorie „Schuhe“: https://www.planet-sports.de/schuhe/marke-adidas/
In diesem Fall gäbe es zwei identische Seiten, die beide auf das gleiche Keyword-Set optimiert sind. Im schlimmsten Fall würde hier keine der beiden Seiten ranken. Um dem vorzubeugen, sollte die Informationsarchitektur von vornherein so aufgebaut sein, dass es nur eine URL-Struktur für Marken-Kategorie-Kombinationen gibt. Dabei sollten diese Kombinationen sowohl über die Markenseiten als auch über die Kategorien erreichbar sein, so wie es bei Zalando der Fall ist.
Ob die Seiten im Marken-Strang oder im Kategorie-Strang aufgebaut werden, ist vom Geschäftsmodell abhängig. Sind die Kategorieseiten für den Shop am wichtigsten, so sollten die Marken-Kategorie-Kombinationen darunter angeordnet werden. In manchen Fällen können auch die Markenseiten wichtiger sein als die Kategorieseiten. In dem Fall sollten die Kombinationen unter den Markenseiten angeordnet sein, um diese zu stärken.
4. Nicht vorhandene Seiten
Neben den transaktionalen Inhalten, die Conversions bringen (insbesondere Kategorie- und Produkt-Seiten), sollten auf jeder Webseite auch informationale Inhalte integriert werden. Das kann in Form eines Blogs oder Magazins geschehen, aber auch direkt bei den transaktionalen Inhalten. Wichtig ist, dass bereits beim Aufbau der Seite an diesen Seitentyp gedacht wird, damit es später einfacher ist, ihn zu integrieren. Manchmal wird dies jedoch beim Website-Aufbau nicht berücksichtigt.
Darüber hinaus wird auch oft nicht an neue Kategorie-Seiten gedacht, die im Laufe der Zeit notwendig werden können. Dabei liegt das Problem entweder in den technischen Möglichkeiten, die es erschweren, bspw. eine weitere Kategorie-Ebene einzuführen, oder in den Zuständigkeiten im Unternehmen. Ein Beispiel für den ersten Fall wäre ein Online-Shop, der drei Kategorie-Ebenen hat:
- Damen
- Hosen
- Jeans
Nun wurden die vorhandenen Landing-Pages bereits optimiert und es sollen neue Keyword-Potenziale ausgeschöpft werden. Eine Möglichkeit bestünde darin, Seiten für verschiedene Jeans-Typen anzulegen, z. B. für Skinny Jeans (immerhin 12.100 Suchanfragen pro Monat). Es wäre nur logisch, diese Seite unter Jeans anzuordnen – dafür muss es aber möglich sein, eine weitere Kategorie-Ebene einzufügen.
In den meisten Fällen liegt es jedoch am zweiten Problem: den Zuständigkeiten im Unternehmen, d. h. wer darf entscheiden, dass noch eine 4. Kategorie-Ebene benötigt wird bzw. eine neue Kategorie angelegt werden muss? Um dem vorzubeugen, sollte bereits beim Aufbau der Seite geregelt sein, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Anlegen einer neuen Kategorie kein Problem darstellt. Dazu könnte man aus verschiedenen Abteilungen geeignete Kriterien sammeln, z. B. signifikantes Suchvolumen für ein Keyword.
Zusammenfassung
Bei der Entwicklung der Seitenarchitektur müssen also folgende Fragen beantwortet werden:
- Welche Seiten bzw. Seitentypen stehen miteinander in enger Beziehung und müssen daher auch über die Informationsarchitektur in Verbindung gesetzt werden?
- Welche Seiten bzw. Seitentypen können nicht einzigartig zugeordnet werden und sollten daher in der Informationsarchitektur nicht zueinander in Beziehung stehen?
- Können mit der geplanten Informationsarchitektur doppelte Zuordnungen entstehen, die vermieden werden müssen?
- Welche Inhalte bzw. Seiten möchte man möglicherweise in Zukunft anlegen und wo werden sie angeordnet?
- Wohin gelangt der Nutzer, wenn er auf bestimmen Kategorien Filter setzt, und entstehen dadurch Doppelungen?
Werden diese Fragen berücksichtigt, sollte die Informationsarchitektur einer Seite stabil und wenig fehleranfällig sein.
Über die Autoren
Lydia Lässig ist SEO Consultant bei der Online-Marketing-Agentur Performics am Standort Berlin. Bevor sie 2015 auf die Agenturseite der Suchmaschinenoptimierung wechselte, war sie auf Unternehmensseite im Online Marketing tätig und insbesondere für SEO und Social Media verantwortlich.
Matthäus Michalik ist Senior Consultant bei Performics, der weltweit führenden Performance Marketing Agentur der Publicis Media. Als globale Agentur berät Performics Unternehmen in den Bereichen Search, Social Media, Content Marketing, Display Advertising und ist auf internationale Webseiten und Projekte spezialisiert. Matthäus hat das internationale Outreach Team innerhalb der Agentur aufgebaut, welches in 16 Sprachen und über 20 Ländern Unternehmen betreut. Mit seiner Expertise berät er Projekte und Konzerne in Fragen zur strategischer und technischer Suchmaschinenoptimierung (SEO), App Store Optimierung (ASO) und Marktplatz Optimierung (MPO).